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Im Bannkreis des Nordens
- Auf den Spuren der Entdecker in die faszinierenden Welten des
Polarkreises
Leseprobe:
GRÖNLAND In der
traditionellen Inuit-Gesellschaft gab es nur wenig Menschen über 60 Jahre.
Gemäss den Volkszählungen erreichten nur ein bis zwei Prozent der
Bevölkerung - die meisten davon Frauen - dieses Alter. Wie Waisen,
alleinstehende Frauen und Witwen mit eigenen Kindern wurden die Alten als
Familienmitglieder in den Haushalt eines ihrer Robben-jagenden Söhne
integriert und damit versorgt. Auf diese Weise entstand die Grossfamilie der
Inuit. Wenn die Tranlampen ausgingen, die in den Winter-Langhäusern Licht
und Wärme spendeten, bedeutete dies normalerweise den Tod durch Erfrieren
für die Bewohner. Manchmal löschte man die Lampen allerdings auch
absichtlich, um den erforderlichen emotionalen Rahmen für das sogenannte
"Spiel der erloschenen Lampen" zu schaffen, zu dem auch Besucher anderer
Grossfamilien eingeladen wurden, um Inzest und dessen Folgen vorzubeugen sowie
die Blutsbande auszuweiten. In diesem Spiel konnte jeder einen Partner zum
Geschlechtsverkehr frei wählen. Durch ihre Teilnahme hatten fruchtbare,
aber unverheiratete und verheiratete Frauen, die von ihren Männern nicht
geschwängert wurden, die Möglichkeit, ihre Fruchtbarkeit in den
Dienst dieser so kleinen Gesellschaft zu stellen, in der es dringend
erforderlich war, für möglichst zahlreichen Nachwuchs (als
zukünftige Jäger) zu sorgen. |
Wenn die Lichter wieder angingen, war
alles wieder wie vorher, und die Kinder, die als Folge dieses Spiels geboren
wurden, galten nicht nur als die Kinder des Ehemannes der jeweiligen Mutter,
sondern wurden alle auch als Geschwister angesehen. Natürlich gab es im
präkolonialen Grönland auch Eifersucht, doch unterschied sich diese
von den Gefühlen, die man aus der romantischen Literatur des Westens
kennt. |
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Wenn eine Frau ihren Ehemann ohne sein
Wissen betrog, durfte dieser eifersüchtig sein und hatte auch das Recht,
seine Frau zu bestrafen. Wenn andererseits jemand als Besucher in sein Haus
kam, bot der Ehemann dem Gast aus Höflichkeit manchmal auch seine Frau
für die Nacht an. Ein Jäger und seine Frau teilten nicht nur ihre
Sexualität, sondern gestalteten auch ihren Alltag arbeitsteilig. Zu den
Aufgaben der Frau gehörte das Nähen und Ausbessern der Fellkleidung.
Plante ein Jäger, für längere Zeit auf die Jagd zu gehen und
hatte keine eigene Frau, oder eine schwangere oder kranke Ehefrau, befand er
sich in ernsthaften Schwierigkeiten. Unter diesen Umständen war es nicht
unüblich, die körperlich fittere Ehefrau eines seiner Freunde
für die Dauer der Expedition auszuleihen. Wurde seine Begleiterin
während dieser Zeit schwanger, galt der Abkömmling als Kind ihres
offiziellen Ehemannes. Die traditionelle grönländische Gesellschaft
kannte keine öffentliche Institution, die das Miteinander regelte. Ohne
Zweifel besassen die fähigsten Robbenjäger, insbesondere die
Älteren unter ihnen, grosse moralische Autorität in ihren
Ansiedlungen. Es existierte jedoch weder ein formelles Rechtssystem noch eine
offizielle Autorität, die Strafen verhängen konnte. Jede Person war
sozusagen der oberste Richter über das, was sie als eine nicht zu
tolerierende Verletzung ihrer persönlichen Rechte erachtete. Manchmal
führte das Fehlen einer öffentlichen Instanz zu Vergeltungsakten und
lang andauernden Blutfehden. Bei den grossen Festen wurde in solchen
Fällen der berühmte "drum song" (ein Trommellied) gesungen, bei dem
die beiden Opponenten teilweise sehr beleidigend über den anderen herzogen
und so versuchten, ihr Gegenüber in den Augen der vielen Zuschauer
lächerlich zu machen. |
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Wenn alles gut lief, konnte dieses Ventil
die Spannungen zwischen den beiden früheren Feinden abbauen. Wenn nicht,
konnte sich der Konflikt so zuspitzen, dass er entweder gewaltsam beendet
werden musste oder gar dass einer der beiden Opponenten zum Schicksal des
qivittoq verurteilt wurde. (Ole Marquardt + Jens-Christian
Manniche) |
KANADA Ab dem Beginn des 17.
Jahrhunderts veränderte sich allmählich die Motivation für die
Erforschung des nordöstlichen Kanada. Die Suche nach der Nordwest-passage
verlor damals an Bedeutung, denn die Hoffnung, Edelmetalle zu finden, war immer
wieder enttäuscht worden, und so rückte der Pelzhandel stärker
in den Vordergrund. Er war die Basis für die Erforschung und Erschliessung
des Nordens. Begonnen hatte alles mit den ersten Kontakten zu den Ureinwohnern.
Mindestens hundert Jahre vor Champlains Gründung von Québec im
Jahre 1608 waren französische Fischer über den Atlantik gekommen und
hatten ihr schmales Einkommen durch den Pelzhandel mit den Indianern am
St.-Lorenz-Golf aufgebessert. Die Pelze wurden in Frankreich zu Jacken und
Hosen verarbeitet oder als Verbrämung verwendet, aber vor allem entstand
in Europa bald eine grosse Nachfrage nach Biberfellen zur Herstellung von
Hüten. Bis in die jüngste Vergangenheit trug jeder Europäer, der
es sich leisten konnte, einen Hut, sobald er das Haus verliess. Die Hüte
wurden aus Filz gefertigt, und das Material, das sich am besten dazu eignete,
war das warme Unterfell des kanadischen Bibers. Es ist weich und kann wegen
kleiner Widerhaken auf den Haaren zu einem robusten und doch formbaren Stoff
verarbeitet werden, der ausgezeichnete Hüte ermöglicht. Der
Pelzhandel blieb für die ersten zwei Jahrhunderte nach der Gründung
Québecs die Grundlage einer sich entwickelnden kanadischen Wirtschaft,
obgleich er im gesamten Handelsvolumen mit Frankreich, und später mit
England, keine so bedeutende Rolle spielte. Ursprünglich war er auf das
Tal des St.-Lorenz-Stroms und das Gebiet der Grossen Seen beschränkt, doch
die Nachfrage nach Biberfellen wurde so gross, dass es nicht lange dauerte, bis
sich französische Trapper auf der Suche nach neuen
Handelsmöglichkeiten mit den Indianern weiter in Richtung Norden und
Westen aufmachten. |
Die jungen Männer wurden von den
Farmen an den Ufern des St.-Lorenz-Stroms weggelockt, um als coureurs de bois
(Waldläufer) ihr Glück zu suchen. Diese Konzentration auf den
Pelzhandel auf Kosten der Landwirtschaft war nur ein Grund für das
spärliche Wachstum Québecs, die geringe Zuwanderung aus Frankreich
ein weiterer. |
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1759, kurz vor der Eroberung der Stadt
durch die Engländer, erstreckte sich das französische Handelsimperium
in Nordamerika von Akadien im Osten bis nach New Orleans im Süden, von der
Hudson Bay im Norden bis ins heutige Saskatchewan im Westen - und doch war
dieses Imperium mit 65.000 Einwohnern nur sehr dünn besiedelt,
während die Bevölkerungszahl der englischen Kolonien südlich von
Québec zwanzig Mal grösser war. Während die französischen
Pelzhändler mehr oder wenig unabhängig waren, begann mit der
Gründung der Hudson's Bay Company ein moderneres Handelskonzept. Sie
orientierte sich auch wesentlich stärker nach Norden . Der eigentliche
Impuls für die Gründung eines solchen Unternehmens ging von den
Pelzhändlern Radisson und Des Groseilliers aus. Da der Biberbestand im
Süden Kanadas aufgrund der intensiven Bejagung zurückging und die
Biber des Nordens wegen ihres dickeren Fells ohnehin wertvoller waren, sollte
sich der Handel ihrer Meinung nach auf das Gebiet um die Hudson Bay
konzentrieren. Enttäuscht über die Reaktion der französischen
Regierung auf ihre Vorschläge, gingen sie zu den Engländern, und in
der Folge entstand im Jahre 1670 die Hudson's Bay Company mit ihrer
königlichen Konzession für "Rupert's Land", welches das gesamte
Wassereinzugsgebiet der Hudson Bay umfasste - sämtliche Gebiete
Nordquébecs und Nordontarios, grosse Teile der (späteren) Provinzen
Manitoba, Saskatchewan und Alberta, sowie einen erheblichen Teil der
Nordwest-Territorien. (William R. Morrison) |
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SIBIRIEN Der formale Beginn der
russischen Expansion jenseits des Ural wird mit den 1580er Jahren, dem Feldzug
Jermaks, angesetzt. In den Jahrhunderten davor hat es jedoch sporadische
Jagdzüge von Nowgorod nach Nordostrussland und östlich des Urals
gegeben, initiiert vom Fürstentum Nowgorod , das zu jener Zeit die
dominierende Macht in Russland war. |
Im späten 15. Jahrhundert
übernahm das Fürstentum Moskau die Macht und die Territorien
Nowgorods, und die Eroberung Kasans 1552 unter Iwan dem Schrecklichen
öffnete endgültig den Weg nach Osten. Dort, im Süden des
heutigen Westsibirien, entlang dem Fluss Irtysch, herrschte aber das Khanat von
Sibir - ein türkisches Restreich aus der Mongolenzeit - dem die indigene
Bevölkerung des Gebietes (vor allem Chanten und Mansen) tributpflichtig
war. Die Initiative zum entscheidenden Feldzug unter Jermak ist eng mit dem
Namen der Kaufmannsfamilie Stroganow verbunden. Diese siedelte westlich des
Ural, handelte mit Salz und Pelzen und erhielt 1558 die Erlaubnis des Zaren,
die Permer Region auszubeuten. Dadurch ergaben sich für die Stroganows die
Waldgebiete im Osten als logisches Expansionsfeld ihrer wirtschaftlichen
Interessen. Im Jahre 1581 wurde eine 840 Mann starke Kosakentruppe unter der
Führung von Jermak Timofejewitsch gegen die westsibirischen Tataren (unter
der Führung des grossen Kutschum) ausgesandt. Jermak und seine Truppen
eroberten die Hauptstadt der Tataren, doch Jermak selbst fiel 1585 im Kampf. Da
Kutschum am Leben blieb, war der Erfolg der Russen kein dauerhafter. Es dauerte
Jahre bis Moskau eigene Truppen zur Etablierung seiner Macht nach Sibirien
sandte und der letzte Widerstand der Tataren gebrochen werden konnte. Somit
wurde die anfängliche private Angelegenheit der Stroganows und Jermaks
allmählich zur Staatssache. In den darauffolgenden Jahren kam es zu einer
raschen Festigung und Ausbreitung russischer Präsenz in Westsibirien,
ausgedrückt unter anderem durch die Gründung von Tjumen (1586) und
Tobolsk (1587). Tobolsk wurde zum administrativen Zentrum der neuen russischen
Besitzungen, und von dort aus wurde die weitere Expansion den Ob
flussabwärts gelenkt. Die 1601 erfolgte Gründung der am Fluss Tas
gelegenen Siedlung Mangaseja erinnert wieder an die Versuche, eine
Nordostpassage zu finden. Mangajesa war nämlich nicht nur auf dem Landweg
aus dem Süden zu erreichen, sondern auch auf dem Seeweg über
Nordeuropa. Während der Regentschaft von Zar Boris Godunow (1584-1604)
geschah sehr viel für die Etablierung russischer Macht in
Sibirien. |
Es wurde die systematische Besiedlung und
der Bau von befestigten Dörfern (ostrogi), die sowohl als
militärische Anlagen wie auch als Kommunikationsstützpunkte dienten,
vorangetrieben. Der Nordosten Sibiriens sowie der sogenannte Ferne Osten wurden
in den Jahren von 1630-50 dem Russischen Reich einverleibt: 1632 wurde das
heutige Jakutsk gegründet, 1648 Ochotsk und, nachdem Semjon Deschnew 1648
als erster Europäer die Nordostspitze Asiens umfahren hatte, wurde 1649
mit dem Fort Anadyrsk die erste russische Siedlung Tschukotkas angelegt.
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Die unwahrscheinlich schnelle Ausbreitung
ist in der Tat beachtlich. Sie war getrieben von der Gier nach Pelzen, vor
allem nach dem Zobel, und wurde verkehrstechnisch durch die grossen von
Süden nach Norden fliessenden Ströme Sibiriens ermöglicht. Die
Kolonialisierung Sibiriens durch Russland wurde im 17. Jahrhundert
hauptsächlich von den Dienstpflichtigen (sluschilye ljudi) und den
Pelztierjägern (promyschlenniki) getragen. Der Terminus Dienstpflichtige
umfasste zwei Bedeutungen: im weiten Sinn waren damit alle Vertreter der
geistlichen, administrativen sowie der militärischen Macht gemeint; im
engen Sinn nur letztere - "Bajorenkinder", Hundertschaftführer (sotniki),
Atamane, Kosaken etc. Seit der Mitte des 18. Jahrhunderts werden statt dessen
Begriffe wie Kosaken oder Kosakenregiment verwendet. Eben dieser
militärische Teil der Dienstverpflichteten war es, der die ersten
Informationen über die einheimische Bevölkerung Sibiriens lieferte.
Ihre Hauptaufgabe bestand darin, die noch nicht tributpflichtigen
Bevölkerungsgruppen zu unterwerfen und jährlich einmal den Tribut
(jassak) einzukassieren. Dieser war eine Naturalabgabe, die seit der
beginnenden Eroberung Sibiriens allen "entdeckten" Völkern abgerungen
wurde, notfalls mit Waffengewalt. Diese Steuer, normalerweise in Pelzen
beglichen, diente seit dem 16. Jahrhundert als wesentliche Einnahmequelle des
Russischen Reiches. Ein wichtiges Mittel der Dienstpflichtigen, die
Bevölkerung tributpflichtig zu machen, waren die amanaty (Geiseln), die
von den Russen als Garantie der Untertänigkeit und der rechtzeitigen
Steuerablieferung genommen wurden. (Peter P. Schweitzer)
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RUSSISCH-AMERIKA Die Gier nach
dem "schwarzen Pelz" des Seeotters - und die Furcht vor möglichen
Konkurrenten - war so stark ausgeprägt, dass die Schiffe in Ochotsk in
grosser Eile mit Planken aus frisch geschlagenem Holz dürftig zusammen
gezimmert wurden. |
Sie verliessen Ochotsk normalerweise im
Spätsommer, umrundeten Kamtschatkas Südspitze und ankerten vor den
Kommandeur-Inseln, wo der folgende Winter mit der Jagd auf Seelöwen und
Seehunde verbracht wurde. Im darauffolgenden Jahr segelten die promyschlenniki
dann ostwärts zu den Aleuten, wo sie sich Erdhütten und Jurten aus
Treibholz und Tierfellen bauten. Unter der aleutischen Bevölkerung nahmen
sie sich Geiseln und zwangen diese, unter der Führung eines russischen
Aufsehers, Seeotter mit dem Netz zu fangen oder mit dem Speer zu töten,
Füchse zu erlegen und Pelzrobben zu erschlagen. Die Hälfte der Russen
beteiligte sich ebenfalls an der Jagd mit baidarka genannten Booten aus
Seekuhhäuten, in denen sechs bis acht Männer Platz hatten. Die andere
Hälfte der Mannschaft bewachte das Schiff sowie das Lager und suchte nach
pflanzlicher Nahrung. Doch der Einsatz der Aleuten mit ihren unvergleichlichen
Fähigkeiten, den Seeotter mit Kajak und Speer zu jagen, war
ausschlaggebend für den Erfolg solcher Unternehmungen. Da die Russen
erfolglos versuchten, die Jagdtechniken dieser "Kosaken des Meeres" zu
erlernen, wurden die unglückseligen Aleuten auf das brutalste ausgebeutet:
Sie wurden versklavt, zwangsumgesiedelt, zu Naturalabgaben gezwungen, ihre
Frauen sexuell missbraucht und mit ansteckenden Krankheiten wie Syphilis und
Pocken infiziert. Die Russen brachten sie darüber hinaus in Kontakt mit
süchtig machenden Genussgiften wie Tabak und Alkohol, und die orthodoxen
Missionare schliesslich beraubten sie ihrer Kultur. (James R.
Gibson) |
ALASKA Der Goldrausch in Alaska
ereignete sich fast zeitgleich mit einem grundlegenden politischen und
kulturellen Wandel der amerikanischen Politik, der sich seit der letzten Dekade
im 19. Jahrhundert vollzog - Historiker bezeichnen diesen Zeitraum als
"Ära des Fortschritts" - und die der Industrialisierung des späten
19. Jahrhunderts mit ihrer bis dahin nicht gekannten Konzentration von
Unternehmenskapital einen Riegel vorzuschieben versuchte. |
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Während dieser Ära
veränderte sich auch die Einstellung der Amerikaner zur Ausbeutung ihrer
Rohstoffe. Die Auswirkungen dieses Wandels waren auch in Alaska zu spüren,
wo der Guggenheim-Konzern sich anschickte, das Monopol über die hier im
Norden reichlich vorhandenen Rohstoffe zu erlangen. Der Zeitpunkt für
Guggenheims Investitionen in Alaska war damals nicht besonders glücklich
gewählt. In Anbetracht der anti-monopolistischen Stimmung spiegelte sich
die Sensibilität für politische und wirtschaftliche Chancengleichheit
auch in den Kongressdebatten über neue Gesetze für Alaska wider. Das
Delegierten-Gesetz von 1906 erwies sich für das Unternehmen als besonderer
Nachteil, denn im Jahre 1908 bewarb sich ein sehr kompetenter und aggressiver
Politiker mit Erfolg um diesen Posten - James Wickersham, ein früherer
Republikaner aus dem Staat Washington, der im Jahre 1900 zum Richter in Alaska
ernannt worden war. Wickersham kandidierte als Vertreter der Politik des
Fortschritts, stellte sich gegen monopolistische Grossunternehmen und
insbesondere gegen Guggenheim. Und er blieb für sechs Sitzungsperioden im
Amt. Eines der von Wickersham 1912 im Kongress vorgebrachten Arguments für
die Schaffung einer territorialen Gesetzgebung für Alaska war denn auch
das Schreckensszenario für die Guggenheims. Als dann im Jahre 1913 die
gesetzgebende Versammlung zu ihrer ersten Sitzung zusammentrat, erwiesen sich
ihre Vertreter als ebenso fortschrittlich wie ihre Kollegen in anderen Teilen
Amerikas. Zwei Jahre später verwendete Wickersham dieselben Argumente
für eine wahrhaftig einmalige Unternehmung zugunsten Alaskas - eine
bundesstaatlich finanzierte und betriebene Eisenbahnlinie. |
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Die Trasse solle zwischen der Küste
und dem Landesinneren verlaufen, und zwar von der kleinen Hafenstadt Seward auf
der Kenai-Halbinsel bis zur Spitze der Cook-Bucht, dann entlang dem Susitna
River und über den Broad-Pass und am Nenana entlang bis hinunter zum
Tanana-Fluss, der mit einer Brücke überquert werden müsse, um
dann weiter bis nach Fairbanks zu verlaufen. |
Wickersham beharrte darauf, dass die
Bahnverbindung bis tief ins Landesinnere für die Erschliessung Alaskas
unbedingt erforderlich sei. In Anbetracht des ansonsten in Alaska wohl
übermächtig werdenden Guggenheim-Konzerns stimmte die
Kongressmehrheit seinen Vorschlägen zu und verabschiedete ein vorher noch
nie dagewesenes Gesetz zum Bau und Betrieb einer bundesstaatlichen Eisenbahn
für die Siedler Alaskas. Sie war bis zum Zweiten Weltkrieg in Betrieb,
erzielte aber niemals Gewinne. Als mit der Trassenkonstruktion 1915 begonnen
wurde, zogen viele Familien aus den westlichen Staaten der USA nach Alaska. Die
Planer hatten dies erwartet und eine Kommission mit der Gründung der Stadt
Anchorage beauftragt. Grundstücke zum Bau von Häusern wurden per
Auktion versteigert, und bis zum Ende des Sommers 1915 war bereits ein
Strassennetz angelegt sowie zahlreiche Häuser und Ladengeschäfte
gebaut. Die Regierung stellte ausserdem Wasser, Kanalisation,
Elektrizität, Telefone, eine Feuerwehr, ein Krankenhaus und ausreichend
Arbeitsplätze zur Verfügung. Dieses alles war und ist bis heute ein
einmaliger politischer Vorgang in Amerika. (Stephen Haycox)
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DIE FRÜHGESCHICHTE DER
POLARVÖLKER (zum Kapitel Alaska) Während der verschiedenen
Eiszeiten der Erdgeschichte war in den kontinentalen Eiskappen so viel Wasser
gebunden, dass die Meeresspiegel um 100 Meter und mehr abgesenkt
wurden. |
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Grosse Bereiche des Kontinentalschelfs
lagen frei, und viele Gebiete, die heute von Flachmeeren bedeckt sind, fielen
trocken. Eine dieser Regionen lag zwischen der Tschuktschen-Halbinsel und
Alaska und bildete damals die (heute so genannte) Bering-Landbrücke
zwischen Asien und Amerika. Während dieser Zeit konnten sich Pflanzen und
Tiere von dem einen in den anderen Kontinent hinein ausbreiten, und auch die
ersten Menschen der Neuen Welt wanderten über diese "Beringia-Ebene". Der
Zeitpunk der ersten menschlichen Besiedlung ist relativ ungewiss. Obwohl einige
Archäologen behaupten, sie hätten menschliche Spuren in der Neuen
Welt entdeckt, die 40000 Jahre oder älter sind, existieren eigentlich
keine überzeugenden Belege zur Untermauerung dieser These. Es ist jedoch
gesicherte Erkenntnis, dass eine breite Besiedlung des amerikanischen
Kontinents vor ungefähr 11000 Jahren stattfand, und einige kürzlich
entdeckte Fundstellen datieren mit 12000 bis 14000 Jahren noch weiter
zurück. Die beweiskräftigste solcher frühen
Siedlungsstätten wurde vor einigen Jahren in Monte Verde in Chile
entdeckt, die von den Archäologen auf ein Alter von 12500 Jahren
geschätzt wird. Da dieser Ort 16000 km von der Bering-Strasse entfernt
liegt, muss dieses Volk wesentlich früher in Amerika angekommen sein....
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Vermutlich zogen zahlreiche Gruppen
sibirischer Jäger ostwärts durch Beringia, ohne zu wissen, dass sie
ein bis dahin unbesiedeltes Gebiet entdeckt hatten. Zu den ersten Gruppen
gehörten wahrscheinlich die Vorfahren des Volkes, das in Chile bereits vor
12500 Jahren gelebt hat. |
Die meisten amerikanischen
Indianervölker stammen von den mit den vorgenannten Gruppen in Beziehung
stehenden Paläo-Indianern ab, die zu jener Zeit oder später das
östliche Beringia durchquert haben und dann am Westrand der Gletscher, die
den Grossteil des nördlichen Nordamerika bedeckten, in Richtung Süden
zogen. Nur eine einzige Fundstätte in der nordamerikanischen Arktis is so
alt, dass sie eine Siedlungsstätte dieser späteiszeitlichen
Jäger gewesen sein mag - die Bluefish Caves, eine Aneinanderreihung von
Höhlen am Fusse einer Kalksandsteinwand, etwas landeinwärts der
arktischen Küste des Yukon. Archäologen entdeckten hier massive
Ansammlungen von Säugetierknochen der späten Eiszeit. Dazwischen
wurden behauene Steinwerkzeuge ähnlich denen sibirischer Jäger aus
dieser Zeitperiode gefunden. Radiokarbon-Datierungen der Knochen legen die
Vermutung nahe, dass vor ungefähr 12000 bis 15000 Jahren Menschen diese
Höhlen als schützende Unterkunft und als Beobachtungsstand genutzt
haben. In den noch tiefer gelegenen Höhlen entdeckte man sogar 20000 Jahre
alte und ältere Tierskelette, an deren vereinzelten Einschnitten und
Kerben man allerdings nicht ganz sicher auf Menschenhand schliessen kann. Auf
jeden Fall belegen die Bluefish Caves, dass sich die späteiszeitlichen
Jagdkulturen des Baikalsees und des Lena-Tals ostwärts durch den
Nordwesten Nordamerikas ausgebreitet haben. (Robert
McGhee) |
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Die
Nordwest-Territorien, Nunavut und der Yukon umfassen fast 40 Prozent der
gesamten Fläche Kanadas. Und trotzdem leben hier weniger als 85.000
Menschen.
Entnommen aus dem Buch "Kanada nördlich des 60.
Breitengrades".
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Neu erschienen: Unsere Welt in Gefahr – Klimawandel und Zivilisation
von Stephen Henighan, Kanada, mit einem Vorwort von Mojib Latif, Kiel
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